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Bäume sind leider immer wieder Anlaß für Nachbarschaftsstreit. Herüber hängende Äste, Laubabwurf und Schattenwurf sind die am häufigsten genannten „Ärgernisse“ und Streitpunkte.

In der Kolumne Mietrechttips des Trierischen Volksfreundes von Dr. Ralf Glandien, Rechtsanwalt und Vorsitzender von Haus und Grund Trier, vom 23.9.2021 heißt es:

„In Paragraf 910 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist geregelt, dass der Eigentümer eines Grundstücks Wurzeln eines Baumes oder überhängende Zweige entfernen darf, wenn der Nachbar trotz angemessener Beseitigungsfrist diese nicht entfernt hat. 

Etwas anderes gilt nur dann, wenn sein Grundstück tatsächlich nicht oder nur ganz unerheblich beeinträchtigt wird. Die Beweislast hierfür liegt bei dem Eigentümer des „überhängenden Baumes“. Der Fall liegt nur selten vor, ist aber denkbar, wenn etwa in einer wenig genutzten Ecke eines großen Grundstücks ein Baum nur wenige Zentimeter herüberwächst. In der Enge der Stadt und der häufig vorzufindenden Situation der schmalen Wohngrundstücke dürfte eine Beeinträchtigung nahezu ausnahmslos anzunehmen sein, wenn der Überhang ein gewisses Ausmaß erreicht.

Zunächst einmal ist dieses Recht des Nachbarn begrenzt durch die sogenannte Wachstumsperiode. Im Regelfall wird also, anders als ein sogenannter Formschnitt, die Beseitigung von Ästen erst außerhalb der Wachstumsperiode, also zwischen dem 1. Oktober und dem 28./29. Februar (Paragraf 39 Abs. 5 BNatschG) verlangt werden können.

Als weitere Grenze wird häufig vorgebracht, dass die Beseitigung des Überhangs zum Absterben des Baumes oder zum Verlust der Standfestigkeit führen kann. Hierzu hat der Bundesgerichtshof nunmehr mit Urteil vom 11.6.2021 klargestellt, dass es diese Begrenzung nicht gibt. Er hat klargestellt, dass, vorbehaltlich naturschutzrechtlicher Verbote, auch dann die Beseitigung des Überhangs verlangt werden kann, wenn das Risiko besteht, dass der Baum abstirbt oder seine Standfestigkeit verliert.

Die einzige Beschränkung des Selbsthilferechtes ergebe sich aus dem Gesetz, nämlich dann, wenn keine oder eine nur völlig unerhebliche Beeinträchtigung vorliege. Der Eigentümer des Baumes sei, wenn er entgegen seiner Verpflichtung nicht regelmäßig den Überhang entferne, selbst für das Risiko verantwortlich, welches das Abschneiden der Äste für die Standfestigkeit des Baumes habe.“

 

Aufgrund dieser Kolumne habe ich einen Leserbrief geschrieben, der am 7. Oktober im Trierischen Volksfreund veröffentlicht wurde:

„Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 11. Juni 2021 muss man mehr als nur scharf kritisieren – es ist als skandalös zu bezeichnen und in keiner Weise zeitgemäß. Es ermöglicht jedem, ungestraft Sachbeschädigungen an Bäumen in der Nachbarschaft zu begehen.

Diese erleben wir als Baumpfleger täglich, und sie beeinträchtigen in aller Regel die Verkehrssicherheit.

Dass ein Baum dadurch so beschädigt werden kann, dass er gefällt werden muss, ist für den Eigentümer unzumutbar. Gerade in heutiger Zeit wird jeder Baum gebraucht, um positiv auf das Kleinklima zu wirken.

In dem Artikel wird nicht auf das Nachbarschaftsrecht in Rheinland-Pfalz eingegangen, das den Bäumen nach fünf Jahren Standzeit einen Bestandsschutz gibt — auch, wenn sie zu dicht an der Grenze stehen. Hat der Nachbar diesen Einspruch versäumt, sollte er nicht schneiden und kappen dürfen. Die Schäden, die dadurch entstehen, sind in der Regel gravierend. Das gilt auch für Wurzelkappungen.

Hauptargumente für Astkappungen sind Blattwurf und Lichtmangel. Mit den Kappungen erreicht man aber das Gegenteil: Aus einem gekappten Ast kommen viele neue Triebe, die mehr Blattmasse als ursprünglich produzieren und mehr verdunkeln. Die Astanbindung dieser Triebe ist schlecht, und man bekommt das ursprüngliche Problem zeitnah zurück – und zwar schlimmer, da auch noch die Bruchgefahr gestiegen ist.

Die Lösung ist eine Kronenpflege. Sie bringt den Baum nach oben, nimmt Segelwirkung aus der Krone durch Auslichtung und reduziert die Blattmasse längerfristig. Die unteren Etagen der Häuser bekommen dauerhaft mehr Licht; andere Bepflanzungen unterhalb des Baumes werden freigestellt.

Teil-Einkürzungen von überhängenden Kronenteilen können relativ schadensfrei und schonend an geeigneten Saftziehern durchgeführt werden, wenn auch nicht stur an der Grundstücksgrenze.

Was eine Beeinträchtigung durch Astüberhänge darstellt, sollte durch kompetente Stellen festgelegt werden. Aus meiner Sicht gehören dazu ausschließlich Maßnahmen zur Verhinderung von Gebäudeschäden oder mangelnde Verkehrssicherheit. Laubfall oder Licht darf kein Grund mehr für Baumbeschädigung oder Fällung sein.

Eine Baumschutzsatzung für die Stadt Trier wurde in den 1990er Jahren entworfen und verschwand in der Schublade – eine Satzung wäre jedoch eine zeitgemäße kommunale Handhabe, um auf solche überregionalen Fehlurteile zu reagieren und ist für Trier mehr als überfällig.“

 

Was sollte nun also der Baumeigenümer machen, wenn es Probleme mit dem Nachbarn gibt und er den Baum gerne erhalten möchte?

Mein Ratschlag ist das Gespräch mit dem Nachbarn zusammen mit einem Fachbetrieb zu suchen und eine geeignete Maßnahme zu besprechen bzw. zu planen. Wir beraten alle Konfliktparteien in Bezug auf fachliche Umsetzung und Verkehrssicherheit.